Wenn aus Konsumtigern Umweltaktivisten werden

Von Peter Littmann

Nichts ist so nachhaltig wie ein ordentliches Vorurteil. Besonders eines, dass die Amerikaner betrifft, diese ignorante Konsumtiger, die pro Kopf die größten Umweltsünder sind, die der Planet je ertragen musste. Doch eine heftige Finanzkrise schüttelt so einiges durcheinander, leider auch unsere Klischees.

Inzwischen sagt nämlich fast jeder zweite Amerikaner, dass der Schutz der Umwelt Priorität haben sollte vor Wirtschaftswachstum – und das mitten in einem Abschwung mit Rekordarbeitslosigkeit. Tatsächlich packen die Amis nun auch ihr Geld dahin, wo ihre Überzeugungen sind: Im Krisen-Jahr 2009 werden elf Prozent des gesamten, in den USA investierten Kapitals von so genannten Socially Responsible Funds verwaltet und knapp die Hälfe der US-Bürger wäre bereit, 2000 Dollar mehr für ein Auto zu bezahlen, das ein Drittel weniger Sprit verbraucht.
Das verblüfft nicht nur Europäer, die Yankees per se für intellektuell herausgefordert halten, sondern auch das Magazin „Time“, das dem Bewusstseinswandel eine Titelgeschichte widmet: „Amerikaner justieren neu, was es heißt, gute Bürger zu sein, nicht nur bei Wahlentscheidungen oder im Ehrenamt, sondern auch im Konsumverhalten.“ Dann kommt eine fast ungläubig aufgezählte Liste: Sechs von zehn US-Bürgern kauften dieses Jahr schon organische Ware, viele packten auch gleich noch Energiesparlampen dazu. Vier von zehn geben an, ein Produkt erworben zu haben, weil sie die politischen oder sozialen Werte des Herstellers schätzen.
Fakt ist: Insgesamt 38 Prozent der Amerikaner versuchen, nachhaltig zu agieren, immerhin 86 Millionen Leute – die übrigens überwiegend weiblich sind, gut verdienend, afroamerikanischer Abstammung und akademisch gebildet. Dazu passt Barack Obama als Frontmann der Bewegung: Nicht nur hat er von der Revolution der Verantwortlichkeit im Lande bei den letzten Wahlen profitiert, er ist auch derjenige, der wie kein anderer das neue Bürgerbewusstsein vorantreibt. Dahinter steht die Überzeugung: „Die Leute wollen Teil von etwas sein, das größer ist als sie selber.“
Das ist DAS Marketing-Credo der Gegenwart und Corporate America hat das schnell verstanden. In Obamas Gefolge redet nun auch die Geschäftswelt in USA nicht mehr nur von „P“ wie Profit, sondern auch von Prinzipien und vom Planeten. Wo Unternehmen früher bestenfalls auf Kritik reagierten, werden sie jetzt aktiv: Intel legte gerade ein Energiespar-Programm, Mars will künftig mehr organisch angebauten Kakao einsetzen und Timberland schreibt auf jeden Schuh, wie viel Material seine Produktion verbraucht. Den wildesten Ritt vom Saulus zum Paulus hat Walmart hinter sich. Das einst als gewissenlos geschmähte Unternehmen zwingt heute Lieferanten, Verpackung zu reduzieren. Außerdem hat der Handels-Gigant einen Nachhaltigkeits-Index angekündigt. Der wird künftig auf jedem Produkt prangen, damit Konsumenten sehen können, wie grün es ist.
Kritiker jammern, dass viele dieser Aktionen nur dem „Greenwashing“ geschuldet seien - neudeutsch für einen Auftritt, der zunächst dem Unternehmens-Image dient, nicht der Natur. Bloß, dem Weltklima ist es egal, ob die Unternehmen weniger Gase emittieren, weil sie Vorteile wittern, oder weil sie wirklich etwas Sinnvolles tun wollen. Nüchterne Betrachter wissen eh: Immer sind die Ideen am nachhaltigsten, die dem Initiator Geld bringen und nicht nur ein warmes Gefühl im Bauch. Auch Konsumenten kaufen Timberland-Treter in erster Linie, weil sie funktional und nur in zweiter, weil sie mit ethisch überlegenen Methoden hergestellt sind.
Der Blick auf das zweistellig Umsatzwachstum der amerikanischen Bio-Handelskette Whole Foods Market in einem ansonsten flachen Segment legt jedenfalls die Vermutung nahe, dass die Amis Trendsetter sind – wenn die sich einer Sache annehmen, gewinnt die Chose meist schnell Momentum. McKinsey jedenfalls beobachtet schon seit einer Weile, dass US-Führungskräfte nicht nur schärfere Auflagen erwarten, sondern dass viele Industriekapitäne aktiv Lobbyarbeit für mehr Öko-Restriktionen betreiben. Die Idee ist wohl, dass die dann Wettbewerbsnachteile für die Konkurrenz bedeuten, die in Sachen Grün ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat. Mag also sein, dass auch so manch ein deutscher Unternehmer lieber seine Öko-Bilanz pflegen sollte als seine nach USA ausgerichteten Vorurteile.

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