Die Raabisierung der Werbung

Von Peter Littmann

Das Unaussprechliche gewinnt Preise. Noch vor einigen Jahren war es in auch nur halbwegs gesitteten Kreisen absolut unmöglich, das Wort "Arsch" in den Mund zu nehmen. Es soll sogar Zeiten gegeben haben, in denen Eltern ihren Kindern nach dem Gebrauch dieses Begriffs den Mund mit Seife auswuschen. Heute hingegen gewinnt ein "Nussknacker-Spot" beim Golden Award Festival in Montreux. In dem Streifen für das Fitness-Studio "Leo’s Sports Club" öffnet eine junge Frau Walnüsse, in dem sie sie zwischen die Backen ihres knackigen Hinterteils steckt. Bereits beim New York Festival hatte es für den Kraftakt Gold gegeben, nur beim wohl erzogenen Art Directors Club in Deutschland ging die Kampagne leer aus.

Um den guten Geschmack des deutschen ADC kümmert sich die Marketingabteilung des Media Marktes wenig. Dort will man keine Preise gewinnen, sondern Elektrowaren und Elektronik verkaufen. Dabei war man noch nie besonders zimperlich, und unlängst wurde eine ganze Reihe von Spots verabschiedet, die den Begriff des "Verarschens" mit Leben füllen. In ihnen spielt der Komiker Oliver Pocher die Hauptrolle als Verkäufer eines Media Marktes. Er sitzt beispielsweise an der Kasse, starrt auf den üppigen Vorbau einer Kundin und erklärt, diese Waren müssten aber auf die Obstwaage. In einem anderen Spot zeigt er einem Pärchen einen Camcorder, in dem er sich aufführt wie der Kameramann eines Pornostreifens, um dann der jungen Frau zu Leibe zu rücken.

Am Ende eines jeden Spots stehen alle Beteiligten zusammen und singen gemeinsam den Slogan "Lass’ dich nicht verarschen – vor allem nicht beim Preis." Dieser Kampagne muss man zugute halten, dass sie auffällt. Kein Wunder, bei solchen Sprüchen. Die meisten Leute, die einen Spot davon genossen haben, erinnern sich an das Gesehene. Robustere Naturen müssen sogar über den einen oder anderen Gag lachen, besonders, wenn sie ihn zum ersten Mal sehen. Wie komisch das allerdings nach der 15. Wiederholung noch wirkt, werden wir wissen, wenn die werbeintensive Vorweihnachtszeit vorüber ist. Die meisten Witzchen werden durch häufige Wiederholung halt nicht besser.

Doch nun den Untergang des Abendlandes zu beweinen, ist nicht nur altmodisch, sondern auch ein wenig betulich. Denn schließlich ist Mangel an Geschmack gerade schwer angesagt. Udo Jürgens entblödet sich nicht, zur besten Sendezeit "Aber bitte mit Rama!" zu singen, Prominenz der Klasse D bis F wälzt sich im Schlamm der Dschungelcamps, und auf allen Sendern wird schönheitsoperiert, dass Fett und Blut spritzen. Heute alles "voll normal!" um im Jargon zu bleiben.

Die entscheidende Frage bleibt dabei dennoch: Wirkt die Raabisierung der Werbung verkaufsfördernd? Auch diese Frage wird frühestens im Januar beantwortet werden können. Dann macht auch das Media-Markt-Management Kassensturz.

Jedenfalls, auf so schrägen Humor zu setzen, ist zumindest riskant. Denn es macht den Gang zum Media Markt zur Geschmackssache – und das verkleinert zunächst einmal die angesprochene Zielgruppe. Herrschaften über 35, viele Frauen und große Gruppen unter den ausländischen Bürgern werden angesichts der Verrenkungen von Herrn Pocher nämlich bestenfalls die Augen verdrehen und sich auf die Weisheit "Ich bin doch nicht blöd" besinnen. Billige Kameras, Telefone und Computer gibt es bekanntlich auch woanders.

Letzten Endes könnte auch der neue Slogan selber zurückfeuern. Media Markt mag unter den niedergelassenen Einzelhändlern ja ein günstiger Anbieter sein. Aber er ist sicher nicht die billigste Einkaufsquelle. Denn die meisten Produkte gibt es über das Internet nämlich für deutlich weniger Geld. Und gerade die ganz junge Zielgruppe, die diese Kampagne wohl vor allem ansprechen soll, weiß das ganz genau. Insofern gilt schon: Lass’ dich nicht verarschen – vor allem nicht beim Preis.

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