Ganz unaussprechlich persönlich

Von Peter Littmann

Persönlich" war früher etwas, worüber nicht gesprochen werden konnte. Erkrankungen der Fortpflanzungsorgane, Spielschulden, die Affairen des Gatten. In der Regel also etwas Mitleiderregendes, Peinliches, vom dem alle glaubten, es träfe nur sie selber, während es in Wirklichkeit natürlich Hunderttausenden ganz ähnlich erging.


Nun beobachten wir, dass die Markenwelt endgültig "persönlich" wird. Wer in der Wertewelt von Old Europe groß geworden ist, dem schwant nichts Gutes. Das klingt nach abgedrehten Bedürfnissen und unaussprechlichen Gebrechen. Die Amerikaner sind jedoch lässiger, sie sagen "customized branding", und wir entspannen uns augenblicklich. Ging das nicht schon vor zehn Jahren los, als Jeanshersteller begannen, weitgehend vorgefertigten Denim im Shop nur noch an das individuelle Hinterteil anzupassen? Ein Gag, mehr nicht.

Doch inzwischen ist viel Wasser unter der Marketingbrücke durchgerauscht: Das Internet gebar den zumindest potenziell allwissenden Kunden, Blogs erlauben jedem, seine eigene Zeitung oder TV-Show ins Netz zu stellen, My-Webpages lassen jeden Irren so persönlich werden, wie er nur mag. Der Spielzeughersteller My Twinn macht anhand von Fotos Puppen, die exakt so aussehen wie das Kind, dem sie später gehören sollen. Die Postämter von Österreich, Australien und Kanada und sogar die Deutsche Post gestatten Kunden, ihre eigenen Wertmarken zu gestalten, und nun flattern uns Postkarten mit Tante Petunias Konterfei als Briefmarke ins Haus. Bei Mymuesli.com gibt's individuell gemischte Cerealien. Das Persönlichste aller Produkte liefert jedoch My DNA Fragrance - wer eine Speichelprobe einschickt, erhält gegen 134,99 Dollar ein Parfum, das der eigens erstellten Gensequenz entspricht. In einer Welt mit rund 30 000 Designer-Duftwässerchen muss nun also keiner mehr riechen wie Frau Meier von nebenan.

Trendwatching.com, ein Trendforschungsunternehmen, nennt Verbraucher, die nicht mehr nur konsumieren, sondern auch partizipieren wollen, die Generation C, wobei der Buchstabe für "Creation" steht. Die Experten schreiben: "Die nächste Hürde ist, Produkte digital von der Pike auf gestalten zu lassen und sie dann in reale Güter zu verwandeln."

Aber ist es wirklich möglich, auch aufwendigere Produkte als Briefmarken oder Puppen einzeln vom Kunden schneidern zu lassen? Es gibt Versuche. Dells "Idea-Storm" beispielsweise ermutigt Verbraucher, Vorschläge zu machen, was alles in die Rechner rein soll. Die Nutzer stimmen ab, und Dell setzt um, was machbar ist. Peugeot veranstaltet einen jährlichen offenen Wettbewerb um das Auto der Zukunft, und BMW betreibt ein Customer Innovation Lab. Doch wie weit wollen die Unternehmen gehen, wenn es darum geht, Konsumenten zu involvieren? Wann werden Firmenfremde mitreden wollen bei der Kreation und nicht nur neuer Produkte, sondern ganzer Marken? Deren Wert ist schließlich einer der wichtigsten Assets heute. Oft sind die Regeln daher viel enger, als die Generation C meint.

In den Nike ID Studios können sich Turnschuhfans ihre eigenen Schuhe gestalten, zusammensticheln und liefern lassen. So weit die Theorie, in der Praxis stößt Nike jedoch schnell an die Grenzen des Humors, wie Jonah Perretti erfahren musste. Er bestellte Schuhe, auf die das Wort "Sweatshop" gestickt werden sollte. Nike fand - in der Reihenfolge- , das würde das Markenrecht anderer verletzen, den Namen von Athleten missbrauchen, wäre keine persönliche ID und so profan, dass Perrettis Mutter davon wütend werden würde. Seine Schuhe hat Jonah jedenfalls nie bekommen, denn Sweatshops sind offenbar ein Thema, das Nikes Management im guten alten europäischen Sinn ganz unaussprechlich persönlich nimmt.

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