Schwul und gut

Von Peter Littmann

Das kennen wir seit den 60ern: "Ich bin ein Berliner." Das erst seit Klaus Wowereit: "Ich bin schwul! Und das ist auch gut so."

Der Berliner Bürgermeister findet sich mit seinem erfolgreichen Hamburger Kollegen Ole von Beust oder dem Pariser Bürgermeister in bester Gesellschaft. Schwule werden einflussreicher, stolzer und sichtbarer.


Auch in der Werbung. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Wirtschaft nach Kindern, Senioren und ethnischen Minoritäten diese Zielgruppe entdeckte. Absolut Wodka war Vorreiter, in England wirbt der lesbische Tennisstar Martina Navratilova mit dem Slogan "Who says there is only one Queen of England?" für Subaru. Der Schweizer Fremdenverkehrsverband plant Angebote für die Szene: Engelberg veranstaltet neuerdings eine "Gay & Lesbian Party-Skiweek" und plant für den Sommer eine "Abenteuerwoche" fürs gleiche Segment.

Für 15 Millionen homosexuelle Amerikaner mit einer Kaufkraft von 485 Milliarden Dollar im Jahr wird in den USA gerade ein Schwulensender geplant. In Frankreich gibt es mit Pink-TV einen solchen schon seit Oktober.

Statt auf Klischees wie Leder oder schwüle Federboas setzen seine Macher auf Theater und Literatur, auf Kunstmarkt, Design und Mode und wollen damit sein, was Canal plus vor fast 20 Jahren mal war: frisch, frech und glamourös. Muss man noch betonen, dass die Werbeszene entzückt ist?

Schwule sind überall - nur nicht in den deutschen Medien. Komisch eigentlich, dass wir auf dieses Thema so verklemmt reagieren. Hier liebt schätzungsweise jeder sechste Mann Männer. Diese Gruppe verdient nicht unbedingt mehr als die Heteros, verfügt aber meist über ein höheres Konsumbudget - weil viele Schwule als Singles leben oder als Dinks: double income, no kids.

Trotz dieser Potenz hält sich die Industrie auffällig zurück. Vordergründig, weil nicht genug Studien zum spezifischen Konsumverhalten vorliegen. In Wirklichkeit wohl eher, weil es nach wie vor Berührungsängste gibt. Motive wie "Holger & Max" von Iglu oder "Aids bekämpfen" von Bayer Health Care stehen einsam auf weiter Flur. Neuerdings wirbt die "Hörzu" mit einem lesbischen Kuss und dem Slogan "Irgendwann nimmt man nicht mehr irgendwas".

Daten gibt es genug zur homosexuellen Zielgruppe. Und die Botschaft der Auswertungen ist immer gleich: Schwule lieben Einkaufen und Marken, Qualitätsbewusstsein und Innovationen. Sie nutzen das Internet intensiver als der Durchschnittsbürger, vor allem zum Einkaufen, bei Bankgeschäften und der Reiseplanung. Sie sind kontaktfreudig, wollen Spaß und Abwechslung. Durch die Erfahrung mit Coming-out und Normabweichung geprägt, pflegen sie eine gewisse Abgrenzung nach außen. Bis hin zu von den Heteros gerne kopierten Formen urbaner Subkultur. Hinzu kommt, dass sich diese Szene als Community versteht - also eine ideale Plattform darstellt für virales Marketing und andere Formen direkter Ansprache. Das Beste aber kommt erst noch: Schwule sind loyal - wer mit ihnen respektvoll umgeht, wird mit Markentreue belohnt.

Respekt ist allerdings auch das Stichwort, über das wir nachdenken müssen. Die alten Vorurteile leben weiter, nur ins Positive gewendet: Schwule hätten erlesenen Geschmack, endlos Geld zum Einkaufen und viel Zeit, ins Theater zu gehen, weil sie nicht von Babygeschrei abgelenkt werden. Wer auf sich hält, hat Schwule im Bekanntenkreis, die sind nämlich "so ungeheuer kultiviert". Die alte Hetze mag passé sein, aber Stereotypen bleiben Stereotypen, und viele Schwule reagieren darauf sensibel - auch was Werbung betrifft.

Vorsicht also im Umgang mit Klischees. Die erzeugen zwar Aufmerksamkeit, sind aber schnell an der Grenze zur Anbiederung und werden zum Bumerang. Wer in diesen Markt will, sollte den Kodex der Szene halbwegs kennen. Wer nicht von sich behaupten kann, dass er mit Schwulsein keine Probleme hat, sollte die Finger von entsprechenden Auftritten lassen. Meist handelt es sich bei den Homosexuellen nämlich um gut informierte Leute: Wenn die hören, dass in den Unternehmen selber diskriminiert wird, geht ein noch so gut gemachter werblicher Auftritt fürchterlich nach hinten los.

Hand aufs Herz: Ist das vielleicht der wahre Grund, dass es hier zu Lande kaum Werbung gibt für die schwule Zielgruppe?

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