Katalog für Fortgeschrittene

Von Peter Littmann

Schon mal versucht, Jeans zu kaufen? Das endet heutzutage vor einem drei Meter hohen und zwölf Meter langen Regal. Selbst wer schon weiß, wie seine Größe ist - 32? 34? 36? -, sieht sich mit mindestens einem halben Dutzend Fragen konfrontiert. Das Bein eng oder weit? Beinlänge "regular" oder "long"? Am Fuß: lieber "boot leg", extraweit oder schmal? Die Hüfte "low cut" oder darf's ein wenig höher sein? "Five pockets" oder "cargo"? Dann ist die modische Frage noch nicht geklärt: Klassische Lewis - eher langweilig, aber immer richtig - oder lieber eine modischere Diesel? Oder vielleicht eine angesagte "Seven for all Mankind"?


Dauernd wird uns erzählt, dass die wachsende Auswahl Spaß macht. Doch immer häufiger ist "Vergnügen" das letzte Wort, das einem beim Einkaufen in den Kopf kommt. Gelegentlich ist gar zu beobachten, wie einer fluchtartig ein Ladenlokal verlässt. Frauen kommen eher klar mit dem an Grabbeltische gemahnenden Durcheinander, Männer jedoch empfinden oft nur noch Fluchtimpuls: zu viel, zu bunt, zu unübersichtlich.

Doch Hilfe naht: Shopping-Magazine versprechen Orientierung. Gemeint ist ein US-Trend, der in Japan einschlug wie eine Bombe und sich jetzt in Europa breit macht. Die Produkte werden auch "Magalog" genannt, nach der Verbindung aus "Magazin" und "Katalog". Die Beschreibung ist ziemlich zutreffend: Redaktionell beschäftigen sich die Blätter mit dem Thema Konsum, inklusive Einkaufslisten und Bezugsquellen. Daneben finden sich die üblichen Anzeigen.

Angefangen hat der Trend zum Katalog für Fortgeschrittene eigentlich mit den Klatschmagazinen, mit denen Durchschnittsfrauen sich informierten, was Stars und Sternchen so tragen. Die nächste Stufe war "Instyle", das US-Magazin, das als Erstes direkt neben die Fotos der VIPs Produktinformationen stellte: Welche Make-up-Marke bevorzugt Angelina Jolie? Welche Möbel stehen bei Brad Pitt im Wohnzimmer?

Dann erfand Condé Nast im amerikanischen Markt "Lucky" für Frauen und "Cargo" für Männer, Hearst zog im vergangenen Jahr mit "Shop etc." nach. Diese Blätter verzichten auf das Alibi der Starberichterstattung. Hier geht es gleich um die Ware. Folgerichtig werden die Models auf dem Cover oft ohne Kopf fotografiert, schließlich dreht sich die Titelgeschichte ja auch nicht um Leute, sondern um Schuhe oder Mäntel. Statt Berichten liefert das Blatt Einkaufsberatung, und zu Beginn der Ressorts "Mode", "Beauty" oder "Home" stehen Orientierungshilfen zum Thema: "Wo gibt es was?" Bei "Shop etc." finden sich gleich "Boutiquen", also eine Reihe von Seiten, die sich mit nur einem Designer oder nur einer Marke beschäftigen.

War die Grenzlinie zwischen Anzeige und Redaktion bei den Frauenmagazinen bestenfalls "wischiwaschi", ist sie bei den Magalogen ganz verschwunden. "Wir erleben gerade einen Gezeitenwechsel", kommentiert Peter Gardiner, Medienvorstand bei der US-Werbeagentur Deutsch Inc. "Jetzt geht es um die direkte Verbindung zum Produkt."

Für viele Verlagsmanager stehen die Shopping-Magazine in der Tat für das Thema "Magazinjournalismus konsequent zu Ende gedacht": Warum noch sechs Seiten lang teuer und personalintensiv über die drohende Hungersnot in Afrika schreiben, wenn man doch acht Seiten lang schöne, neue Handtaschen zeigen kann? Was die Anzeigenkunden lustiger finden, steht ohnehin fest.

In England und Frankreich feiern einschlägige Blätter Erfolge, in Deutschland geht das Ganze gerade erst los. Der Bauer-Verlag hat schon mal vorsichtig drei Ausgaben "Shop & Style" vorgelegt, "Lucky" erscheint als Schwesterprodukt von "Glamour" jetzt auch auf Deutsch bei Condé Nast.

Die Anfänge sind lau, aber das galt zu Beginn auch fürs Teleshopping. Seit 1997 aber haben die Umsätze der Konsumsender um stolze 1500 Prozent zugelegt. Das Publikum, das seinerzeit zu drei Vierteln weiblich, über 50 und schlecht ausgebildet war, wird jünger, einkommensstärker und gebildeter.

Wenn sich die Shoppingmagazine ähnlich entwickeln wie "Shop etc." in England, wird der Druck noch steigen - nicht nur auf die klassischen Mode- und Lifestylemagazine. Sondern auch auf den Einzelhandel. Ganz offenbar ist es an der Zeit, dass clevere Einkaufsberatung auch vor dem Jeansregal stattfindet.

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