Kinder: Alles, nur nicht langweilen!

Von Peter Littmann

Erinnert sich noch irgendwer an die „Du-Bist-Deutschland”-Kampagne? Sie lief bis Januar 2006 und schaffte stolze 1,3 Milliarden Kontakte. Initiatoren waren 25 Medienunternehmen und am Ende kannten fast 60 Prozent der Bundesbürger die Aktion.

Dennoch blieb ihre Wirkung diffus: Die Mehrheit mutmaßte, dass sie den Nationalstolz stärken solle. Tatsächlich wollte sie Eigeninitiative fördern. Die Reaktion war (höflich formuliert) gemischt, doch immerhin soll es Leute geben, die den Veranstaltern geschrieben haben, sie würden auf die geplante Auswanderung nach Australien verzichten, denn sie wüssten jetzt, dass ihr Platz in der Heimat sei. Irgendwie rührend, aber auch blöd. In Australien scheint an 300 Tagen im Jahr die Sonne, es gibt phantastische Weine und Strände und... aber lassen wir das. Die Kampagne jedenfalls wird Mitte Dezember wieder aufleben und diesmal auf Kinder zielen - mit der Begründung, dass wer über die Zukunft Deutschlands sprechen will, zwangsläufig den Nachwuchs ins Visier nehmen muss. Wie also steht es um die Kleinen, dass ihnen jetzt die versammelte deutsche Medienmacht mit Anzeigen, TV-Auftritten und Internetseiten im Wert von 30 Millionen Euro zu Leibe rückt?

Laut der jüngsten Studie „Bravo Faktor Jugend” stellt sich die Situation in den Kinderzimmern folgendermaßen dar: Neun von zehn Kindern über zwölf besitzen ein Handy, acht von zehn einen DVD-Player, ebenso viele ein MP3-Gerät und sechs von zehn haben einen Fernseher und einen Computer. Entsprechend medial orientiert wird die Freizeit verbracht: Zu 98 Prozent nennen die Kids bei ihren Lieblingsbeschäftigungen „Musik hören”, dicht gefolgt von „TV gucken”, wie rund 90 Prozent sagen. Medien werden von jedem zweiten auch als Lieferant von Gesprächsstoff im Freundeskreis genutzt. 34 Prozent reden über Handys, 30 Prozent über das, was sie in den Zeitschriften oder im Internet an Inhalten finden und ähnlich viele quatschen über Computerspiele. Werbung finden Jugendliche nicht per se prickelnd, lediglich humorvolle und originelle Kampagnen kommen an, insbesondere wenn ihre Gestaltung ziemlich „erwachsen” rüber kommt.
Geht es den armen Kiddies also so schlecht, dass sie dringend noch mehr Medienaufmerksamkeit brauchen oder noch mehr Zeit mit medialen Inhalten verbringen sollten? Eher wird andersherum ein Schuh daraus: Weil die Zahl der Konsumenten demografisch im Sinkflug ist, hängt für viele Unternehmen das Überleben davon ab, sich der schrumpfenden Kinderschar möglichst früh als begehrenswert bekannt zu machen.
Der Nachholfbedarf ist nämlich evident: Schon vor drei Jahren ergab eine BBDO-Studie unter 1600 europäischen Jugendlichen, dass die Kids „alles ausblenden, was sie nicht interessiert” - und von Interesse sei vor allem das „Projekt ICH”, weniger die Werbebotschaften, an denen der Nachwuchs sogar noch schneller das Interesse zu verlieren scheint als seine Erzeuger. Eine englische Werbeagentur, die herausfinden wollte, wie Kids mit Mobiltelefonen umgehen, nahm ihnen dieselben zwei Wochen lang weg und befragte sie anschließend nach ihren Erfahrungen. Herauskam, dass viele Youngsters es nicht etwa schlimm fanden, keine Werbung mehr gesimst zu kriegen. Das Blödeste an der Handylosigkeit sei, fanden die Kinder, dass sie nun tatsächlich mit den Eltern ihrer Freunde reden mussten. Entweder weil die bei Anrufen über die Festnetzleitung den Hörer abnahmen oder aber die Tür aufmachten, wenn sie mangels anderer Kommunikationsmittel tatsächlich im Haushalt ihrer Kumpel auftauchten. Anderer Leute Eltern? Igitt!
Das Handy wird also auch genutzt, um uninteressante Themen zu vermeiden. Dass die Kids auch andere Medien ähnlich selektiv einsetzen, um Botschaften zu umschiffen, die sie nicht haben wollen, liegt nahe. Was bedeutet das also? Moderne Kinder sind absolut gewievt darin, mit der Infogesellschaft umzugehen und haben mit dem Getrommel der Werbewirtschaft nur dann was am Hut, wenn es wirklich kreativ ist. Die Schöpfer von „Du bist Deutschland” für Kinder wollen nach eigenen Aussagen „mitten ins Herz treffen”. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch hoch, dass zumindest die Infants selber erst mal die eigene Birne vorschalten und die Herren und Damen Werber bei ihrer herzgerichteten Ansprache als das betrachen, was sie sind: Bloß anderer Leute Eltern.

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