Rapper-Mode: Die Revolution frisst ihre Kinder

Von Peter Littmann

Revolutionäre haben ein schweres Schicksal. Wenn unterschiedliche Auffassungen mit der Knarre diskutiert werden, ist die Gefahr für Leib und Leben schon arg. Schlimmer noch ist nur, wenn der Revolutionär den Sieg seiner Ideen erleben muss.


Kaum ist die alte Ordnung abgeschafft, wird das Neue zum Angestammten, die Guerilla zum Establishment. Die Insignien des Widerstands verkommen zur Dekoration, wie es auch die 68er erfuhren, deren Bärte, Zöpfe, Nickelbrillen bald die ganze Welt trug. Einst authentische Wut wurde zum Spießer-Accessoire, bald hingen Che-Guevara-Poster in Kinderzimmern.

So erging es auch den Rappern und ihrer Mode. "Sagging" - also der Trend zu übergroßer Kleidung, die um Hintern, Knie und Knöchel schlackert - begann eigentlich in den US-Gefängnissen, wo Sträflingskleidung ohne Gürtel ausgegeben wurde, weil die sowohl als Waffen taugen als auch als Selbstmordinstrument.

Die Insassen machten die Not zur Tugend und den losen Stoff zum Ausdruck von mega-cool. Ihr Stil wurde prägend: Über die Rapper und Musik-Videos beherrschte er erst die Ghettos der Großstädte, dann die Vororte des Mittelstands und schließlich urbane Landschaften auf der ganzen Welt.

Welch Stunde für das gute alte Marketing! Zunächst beobachteten die Werber fasziniert, dass Marken wie Courvoisier, Cristal Champagne, Hennessy, Rover, ja sogar Avis einen Schub bekamen, weil sie von Hiphop- und R&B-Stars in ihren Texten erwähnt wurden. Dem konnte nachgeholfen werden!

Neue Kleiderlabels entstanden, und die Markenartikler begannen, die Idole der urbanen Kultur aktiv zu bearbeiten, damit sie Produkte promoten. Missy Elliot wurde zum Gesicht eines Mobilfunkanbieters, andere wie P Diddy gingen Partnerschaften mit Turnschuh- oder Jeep- herstellern ein und gaben ganzen Produktlinien Rapper-Namen, womit die sich auch im Mainstream-Publikum gut verkauften.

Auf diesem Weg borgten sich die Hersteller von den Underdog-Künstlern die Sexyness vermeintlicher Gefährlichkeit für ihre Marken. Marketingchefs, denen selber nichts Rechtes mehr einfiel, um im vielstimmigen Wettbewerb um die Aufmerksamkeit mitzufideln, liehen sich so ein lautes Organ. Brave Bürgersöhne konnten sich plötzlich durch simplen Einsatz einer Kreditkarte fühlen wie Eminem. Nach dem Motto: "Wunderbar, wie waghalsig und cool wir wieder sind!" wurden denn auch etwaige Skandale um Gesetzesübertretungen oder sexuell aufgeladene Texte goutiert - auch wenn sich Pepsi am Ende von US-Rapper Ludacris lossagen musste, dessen Songs für einkaufende Mammis dann doch zu obszön klangen.

Lange konnte das nicht gut gehen. Es reicht eben nicht, nur einen MTV-Star in die nächste Kampagne einzubauen, wenn es keine innere Verbindung zwischen Straßenkultur und Marke gibt. Zweitens lässt sich ein Image immer nur eine gewisse Zeitlang ausbeuten, bevor es seinem Ausbeuter zu ähneln beginnt. Irgendwann sahen die Marken, die sich an die Rapper rankuschelten, nicht mehr jung, gefährlich und neu aus. Stattdessen begannen die Musiker, fast so arriviert, käuflich und alltäglich aus der Wäsche zu gucken wie die Brands, mit denen sie zusammenarbeiten. Ein Rebell, der zum Außenminister der Gesellschaft wird, die er einst mit Verve attackierte, ist eben eine tragische Figur.

Doch mitten im Schwanengesang auf die Hiphop-Kultur kriegt die nun gerade wieder Aufwind. Dem US-Bundesstaat Louisiana sowie Kommunen in Georgia und Connecticut gelang es endlich, "Sagging"-Klamotten zu verbieten. 150 Dollar plus Gerichtskosten oder 15 Tage Bau stehen auf das Tragen von tiefhängenden Schlabberklamotten, die Unterhosen und Hinterteile sichtbar machen.

Bisher wurden alle Versuche eines Verbots abgeschmettert, da Mode als Teil des Rechts auf freie Meinungsäußerung gilt. Jetzt nutzen konservative Politiker Gesetze, die das Entblößen in der Öffentlichkeit verbieten, und haben so die Subkultur nun doch am Wickel.

Aus Sicht der Werbung konnte nichts Besseres passieren, beweist dieses Vorgehen doch, dass in so einem Outfit noch immer böse Buben mit sexy Ideen stecken. Liebe Gemeinderäte überall auf der Welt: Bitte mehr solche Gesetze! Denn was gäben die Marketingfreaks von Coca-Cola, Levi's oder Dolce & Gabbana dafür, wenn das Brausetrinken, Jeans tragen oder Sich-Vermummen mittels Riesensonnenbrille wieder ein klitzeklein Gefährlichkeit ausstrahlen würde.

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