Die neue Sehnsucht im Wellness-Tempel

Von Peter Littmann

1853 wurde der Erfinder der kalten Abreibung, Pfarrer Sebastian Kneipp, wegen „Kurpfuscherei” angeklagt, weil er eine an Cholera erkrankte Magd mit heißen Wickeln behandelt hatte. Der Richter verurteilte ihn wegen „Vergehens gegen das Kuriergebot” – und ließ sich anschließend vom Delinquenten einen Therapievorschlag für seine Gicht unterbreiten.


So machen wir das heute auch wieder! Natürlich wissen wir, dass Massagen unseren am sitzenden Bürolebensstil leidenden Rücken so wenig heilen können wie Wickel eine Bakterieninfektion und dass von Quartalsberichterstattung strapazierte Nerven nicht mit Aromatherapie, sondern höchstens mit einer Kündigung zu pflegen wären. Wir ahnen, dass grüner Tee Falten nur temporär im Zaum hält und dass wir den begabten Jungspund, der an unserem Stuhl sägt, nicht mehr lange mit Solariumsbräune über unsere Müdigkeit hinwegtäuschen können. Doch obwohl dem klar denkenden Richter in uns klar ist, dass wir eigentlich unseren Arbeits-, Lebens- und Ernährungsstil fundamental verändern müssten – bevorzugt unser innerer Schweinehund doch den Gang in einen gemütlichen Spa.
Wenn Bekannte so einen Wellness-Tempel empfehlen, schwärmen sie in der Regel ja auch nicht von den Anwendungen. Das klingt alles zu sehr nach Vergänglichkeit und Kurverwaltung in Bad Soden. Lymph-Drainagen und Fango mögen Wunder wirken gegen verrenkte Glieder, doch urbane Ästheten checken heute wegen Ambiente und Verwöhnfaktor in die Luxus-Bäder ein. Und genauso werden die modernsten Versionen dieser Einrichtungen auch vermarktet. Das Personal dort darf keinesfalls aussehen wie das in einer physiotherapeutischen Praxis. Licht, Farben, Gerüche, Geräusche – bis hin zur Dicke des Frotteehandtuchs ist alles durchgestylt und darauf abgestimmt, vor allem die Laune des Zeitgenossen zu verbessern.
Egal wie „alt“ die Anwendung an sich ist, das Design seiner Verabreichung ist nagelneu. Spas sind zur Location gewordenes Zielgruppenmarketing: Das Produkt selber macht uns weder jünger noch schlauer und auch nicht schöner oder beliebter. Aber: Perception is Reality. Wir fühlen uns so. Und auch dieser Trend lebt von Novitäten und daher reichen Fontänen, Tempelglocken, japanische Gärten und Meditations-Ecken nicht mehr aus. Das „Luxury SpaFinder Magazine“ veröffentlichte gerade die neusten Trends für 2008. Hier die wichtigsten:
1. Feng Shui küsst Workout. Fitnessräume und Spas wachsen zusammen.
2. Sternekoch war gestern, heute ist Star-Therapeut. Wer auf sich hält, hat einen Geheimtipp in Sachen Lomi-Lomi-Expertin auf Lager.
3. „Wellness“ ist überall. Kluge Spa-Manager vereinnahmen alles, was nicht bei drei auf dem Baum sitzt: Reikipriester, Traditionelle Chinesische Mediziner und Yogagurus.
4. Weight Watchers für Fortgeschrittene. Entziehungskuren und Diäten sollen nicht mehr wie Strafexpeditionen rüberkommen, sondern als Anlass, im Spa die Wiedergeburt zu feiern.
5. Business-Hotels mit Plansch-Faktor. Die alternden Babyboomer auf Geschäftsreise haben das Zipperlein und folgerichtig werden immer öfter Hotels gleich mit Spa-Oase gebaut.
6. Schlaf dich fit. Die halbe Welt kann nicht pennen und immer mehr Hotels bieten nicht nur edle Kissen, sondern ganze Schlafkuren im Spa.
7. Bedeutungsschwanger. Spas entwickeln Diätpläne, Rituale und Anwendungen, die fruchtbar machen sollen.
8. Kneipp lässt grüßen. Was früher schlicht Wechselbad hieß, wird heute Hydrothermalbad genannt, wo man dann zwischen „Caribbean Rain“ und „Arctic Winter“ hin und her hopsen kann.
9. Anti-Luxus. Großstädter entdecken die günstige, authentische, traditionelle Alternative beim Thai-Masseur oder im Russischen Bad. Die haben den Trend längst kapiert und rüsten auf, um Teil der Spa-Industrie zu werden.
10. Eingestöpselt oder Abgehängt? Manche wichtige Menschen können ohne BlackBerry nicht entspannen, andere wollen Ruhe, Ruhe, Ruhe. Statt die Räume in „Männer“ und „Frauen“ zu teilen, wird es künftig „eingeschaltet“ und „abgeschaltet“ geben.
Wer das so liest, braucht sonst keinen Trendletter mehr. Bisher lernten die Spas das Marketing – vielleicht sollten sich die Marketingexperten jetzt zur Abwechslung mal von den Spas inspirieren lassen? Denn so ziemlich alles, was die Leute so bewegt, findet auf diesen Kacheln seine Entsprechung.

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