Die zerfetzte Hose

Von Peter Littmann

Herrchen kommt vom Einkaufen und findet seinen vor dem Supermarkt angeleinten Hund mit einem Stück zerrissener Hose spielend wieder. Legt der Racker etwa allein gelassen schlechtes Benehmen an den Tag?


Auf den Schock folgt Verblüffung, denn auf der Rückseite des Stoffs steht: "Glück gehabt, das ist nur ein Fetzen Werbung. Falls Sie aber ernsthaft an den Manieren Ihres Lieblings gezweifelt haben sollten, wird es Zeit für einen Termin bei uns." Absender: eine Hundeschule, die Hunden Hosenteile zum Spielen gab.

Aktionen wie diese nennen sich Guerilla-Marketing, weil sie den Kampf irregulärer Verbände gegen eine feindliche Übermacht beschreiben. Gegner ist die Abgestumpftheit der Menschen gegen immer noch mehr Werbung. Das Mittel der Wahl der Werbepartisanen ist die Überraschung. Entsprechend laut und direkt sind die Auftritte. Legendär ist eine Jägermeister-Aktion beim Schlager-Move in Hamburg, einer Art Love-Parade ohne Techno-Musik. Während des Umzugs verteilten Promotion-Leute dermaßen viele Mützen, T-Shirts und Pullis in der Markenfarbe Orange, dass die ganze Party wie eine gigantische Jägermeister-Sause aussah.

Letztlich setzen diese Aktivitäten auf Mund-zu-Ohr-Propaganda. Die direkten Werbeformen benutzen den Hunger der Menschen nach Erlebnissen und den Drang, sich darüber mitzuteilen. Die Redefreude wird durch so einen Wow!-Effekt herausgefordert – die Kunden kommunizieren ihre Eindrücke unaufgefordert weiter.

Dahinter steckt die alte Weisheit, dass Gerede eine der effektivsten Marketingmaßnahmen überhaupt ist. Die meisten Menschen sind eher geneigt, den Berichten eines Bekannten zu trauen als einer professionellen Werbebotschaft. Laut einer Studie der Londoner Media-Agentur Mediaedge gilt das für 75 Prozent aller Verbraucher.

In anderen Studien zeigt sich immer wieder, dass die meisten Menschen sich höchstens an fünf Werbebotschaften erinnern und in jeder Produktkategorie nur eine oder zwei Marken im Kopf haben – obwohl die Industrie laut Nielsen im vergangenen Jahr über 21 Milliarden Euro für Werbung ausgab. Was liegt näher, als in all dem Grundrauschen Aufmerksamkeit mit einem kleinen Skandal zu erzielen?

Wie echte Guerillatruppen können diese Werbeformen im Internetzeitalter aber auch Verwundete zurücklassen, das zeigen die zahlreichen Hass-Seiten im Netz. Die Maus-zu-Maus-Propaganda funktioniert auch für Kritiker, und ein verärgerter Kunde gibt seine Erfahrungen an wesentlich mehr Menschen weiter als ein zufriedener. So kursieren immer häufiger falsche Werbespots im Internet. Teilweise werden sie von enthusiastischen Fans einer Marke ins Netz gestellt, teilweise jedoch verwirklichen sich so auch Kapitalismuskritiker und Spaßvögel.

In einem dieser Spots beispielsweise will sich ein Selbstmordattentäter mit seinem VW Polo vor einem belebten Café in die Luft sprengen. Er zündet den Sprengsatz, der Polo kriegt keinen Kratzer ab, nur der Terrorist wird im Inneren des Wagens zerfetzt. Danach kommt der tatsächlich von VW verwendete Slogan "Small but tough".

Unlängst hat die Word of Mouth Marketing Association (WMMA) reagiert und einen Verhaltenskodex mit Richtlinien angekündigt. Zu den geächteten Methoden gehört nun beispielsweise, Schauspieler zu heuern, die sich in eine Menschenmenge mischen, um über ein Werbeprodukt zu sprechen. Trotzdem werden sich an den Kodex nur die Haushündchen in den Agenturen halten. Die Streuner in der weiten Welt des Netzes gehen nicht in die Hundeschule, sie zerfetzen lieber weiter die Hosen der Konzerne.

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